in der Stadt Melle

Autor: Heinz Garlich (Seite 1 von 6)

Die Sage von der Hasegabelung

Unsere Sage erzählt, wie die Bifurkation in Melle-Gesmold entstanden ist.

Es lebte vorzeiten ein junger Ritter bei seinem Vater auf der Holter Burg. Einst trabte er hinab durch den Buchenwald und jagte den ganzen Tag im Hasetal, bis er durstig war und nicht mehr weiter konnte.

Aber nahebei rauschte die Krusemühle. Da kehrte er ein und grüßte den Müller: „Meister, gebt mir zu trinken; denn ich komme um vor Durst.“ Der Müller sprach darauf: „Geht in die Küche zu meiner Tochter, der Else.“

Die Else war ein Mädchen so frisch wie eine Blume und so eifrig wie eine Biene im Sonnenschein. Sie brachte sogleich einen Napf mit kalter Milch herbei. Dem müden Ritter aber wurden die Augen wieder hell, doch wusste er lange nicht, warum.

Als er getrunken hatte, ging ihm das Herz auf. Er zog einen Ring hervor und steckte ihn der schönen Else an den Finger. „Willst du meine liebe Braut werden“, sagte er, ,,dann will ich dir treu sein wie das Gold an deiner Hand. „Da kamen der schönen Müllerstochter die Tränen, und beide waren sich zugetan und mussten immer aneinander denken.

Hinter den Felsenmauern in der Holter Burg saß der alte Ritter grimmig auf der Eichenbank. Er sprach: „Niemals werde ich es dulden, dass Else auf die Burg kommt; denn sie ist nur eine Müllerin.“

Festen Sinnes antwortete darauf der junge Ritter: „Was ich Else versprochen habe, will ich getreulich halten auf immerdar.“

Da sprang der Alte wild auf und stürmte ins Tal. Er konnte aber die schöne Else lange nicht finden. Endlich traf er sie am Haseufer bei den Kühen. Erschrocken sah sie den wilden Mann zwischen den Büschen: „Gib mir den Ring zurück, der an deinem Finger blinkt! In die Hase werd‘ ich dich stoßen, wenn du nicht ablässt von meinem Sohn!“

Fester noch hielt Else den Ring an der Hand und sprach: „Die Treue, die ich Herwarth versprochen habe, will ich ihm ewig nicht brechen.“ Da stieß ihr der Unhold den Dolch ins Herz und warf das liebliche Mädchen hinab in die Flut. Das Wasser brauste vor Entrüstung auf, sprang über das Ufer, und seitdem läuft es aus der Hase durch den Grönegau der Weser zu, und es wird Else genannt.

H. Rahe

Das Rüenstück

Herzog Wittekind hatte vor seinem Tod ausgemacht, ein jeder der in seinem Leichenzug zu sehen sei, soll ein Stück von dem Stammesland als Eigentum haben.

Lassen Sie sich von der Verteilung des Landes überraschen.

Heimatverein Melle e V. - Das Rüenstück

(C) 2020-2021 Heimatverein Melle e.V.

Das Rüenstück

Mein Jugendfreund -August Kudrup – so erzählte Franz Holtgrave – war der Sohn unsers Heuerlings. Wenn er auf einem der Graswege in der Nähe des Hofes die beiden Kühe hütete, die seine Eltern im Stall hatten, dann trieb ich mich spielend neben ihm her. Er meinte immer noch, dass die Welt gleich hinter dem Ohsener Berg aufhöre. Nein, in diesem Glauben konnte ich ihn nicht belassen. Wenn er weder Zeit noch Lust zum Lesen hatte, dann sollte er von mir erfahren, wie weit die Welt war und was sich früher schon alles zugetragen hatte!

Wusste er etwas von Wittekind? Meine Mutter hatte uns schon einmal von ihm erzählt, doch da hatte August nur halb zugehört. Als ich nun begann, hörte er zwar zu, brachte aber meine ganze Wissenschaft sofort ins Wanken mit der Frage: „Wieviel Pferde hatte er?“

Ich gestand ihm ohne Bedenken zwanzig zu. Bevor ich aber wieder anheben konnte, fragte er unerbittlich weiter nach den Kühen und Schweinen. Sein Sinn war auf das Praktische gerichtet, und weil ich mich bei den Schweinen nicht schnell genug für eine Riesenzahl entscheiden konnte, tat er Wittekind mit der Bemerkung ab: „Ist ja alles gelogen!“ Ganz aufgebracht entgegnete ich ihm: „So, dann ist das auch wohl nicht wahr mit unserm Land hier?“

„Mit welchem Lande?“

„Nun, wie heißt das letzte Stück hier am Wege, da unten vor der Wiese?“

„Das ist doch das Rüenstück!“

„Und warum heißt es so?“

Davon hatte August Kudrup allerdings keine Ahnung, und ich konnte mich wieder in die Brust werfen, denn ich wusste es.

Das war bei der Beerdigung Wittekinds gewesen. Der Herzog hatte vor seinem Tode ausgemacht, ein jeder, der im Leichenzug zu sehen sei, solle ein Stück von dem Stammesland als Eigentum haben. Der Bauer vom Holthof war auch mit zur Beerdigung gegangen, und der Hund, der ihn sonst immer auf der Jagd begleitete, war hinter ihm hergelaufen und in dem langen Leichenzuge bei ihm geblieben. Deshalb hatte der Bauer ein zweites Stück Land bekommen. Und das war das Rüenstück, vor das August inzwischen mit seinen grasenden Kühen gelangt war.

“Nun weißt du auch, warum das Land hier auf der anderen Seite das Königsstück heißt“, erklärte ich ihm triumphierend.

„Das ist wohl das Stück, was der Bauer selbst bekommen hat“, entgegnete er und fragte mich, ob das auch in den Büchern stehe.

Nein, in Büchern war das nicht zu lesen. Aber wahr war es doch, und nun schien die Geschichte auch August Kudrup durchaus glaubhaft.

Dieser Wittekind, das müsse doch ein rechter Kerl gewesen sein, meinte er, weil der nach seinem Tode noch Land verteilen ließ. Heute täte das so leicht kein Bauer mehr.

W. Fredemann

Der Brunnen auf der Ravensburg

Die Ravensburg im Teutoburger Wald hat einen tiefen, tiefen Brunnen. Ein mühevolles Werk war es, den Schacht des Brunnens durch das Felsgestein zu graben. Der Sage nach haben das zwei Ritter getan, die von dem Grafen von Ravensberg nach langer, blutiger Fehde besiegt worden waren.

Heimatverein Melle e V - Der Brunnen auf der Ravensburg

(C) 2020-2021 Heimatverein Melle e.V.

Der Brunnen auf der Ravensburg

Die Ravensburg im Teutoburger Wald hat einen tiefen, tiefen Brunnen, dessen Eimer durch ein großes Tretrad aufgezogen und niedergelassen werden. Ein mühevolles Werk war es, den Schacht des Brunnens durch das Felsgestein zu graben. Der Sage nach haben das zwei Ritter getan, die von dem Grafen von Ravensberg nach langer, blutiger Fehde besiegt worden waren.

In dem dunklen, schaurigen Burgverließ hielt er sie gefangen. Schon hatten sie alle Hoffnung aufgegeben, wieder befreit zu werden, da meldete ihnen der Kerkermeister eines Tages, dass er ihnen kein Wasser mehr zum Trunke reichen könne. Die Quellen an den Abhängen des Berges seien in der Hitze des Sommers versiegt, die Brunnen in der Umgebung ausgetrocknet, und die gräfliche Familie sei selber durch den Wassermangel in große Not gebracht.

Sofort ließen die Gefangenen dem Grafen melden, dass sie bereit seien, mit eigener Hand einen Brunnen auf dem Burghof zu graben, so tief, dass es ihm niemals an Wasser fehlen werde, wenn er ihnen nach vollbrachtem Werke die Freiheit schenke. Der Burgherr willigte ein. Freudig begannen die beiden das saure Werk. Von der Frühe des Morgens bis zum Scheine des Abendsterns, in Frost und Hitze arbeiteten sie sich durch das harte Gestein. Wenn der Schweiß von der Stirn träufelte und die Hände lasch werden wollten, – so hielt sie die Hoffnung aufrecht, und sie verzagten nicht.

Jahre vergingen. Tiefer und tiefer wurde der Brunnenschacht; noch aber zeigte sich von dem Felsenquell keine Spur. Da, an einem lieblichen Frühlingsmorgen wurden sie noch einmal hinabgelassen in den dunklen Schlund. Gewaltige Hammerschläge dröhnten aus der Tiefe, ein lautes Freudengeschrei folgte nach. Das klarste Wasser sprudelte aus dem Felsen hervor und begann den Brunnen zu füllen. Schnell wurden die Ritter wieder emporgezogen. Die Sonne lachte ihnen freundlich entgegen. Im schönsten Frühlingsglanz breitete sich die Welt vor ihren Blicken aus. Die Bande, die immer noch ihre Füße gefesselt hielten, wurden ihnen gelöst. Mit dem Rufe: „Freiheit! Freiheit!“ stürzten sie einander in die Arme und – sanken leblos zu Boden. Das Übermaß der Freude hatte sie getötet.

 Nacherzählt von E. Pohlmann

Die Sage von der Martmühle

Da, wo die Warmenau sich bei Hoyel in einem anmutigen Tal über das Wehr der Martmühle ergießt, machten vor nunmehr 300 Jahren sieben Räuber ihre Rechnung ohne eine einfache Magd.

Die Zeitumstände brachten es mit sich, dass der Martmüller sich mit seinen Gesellen auf den Weg begab, um ein Fuder Korn nach auswärts zu verkaufen. Die Magd musste nun allein das Feuer und den Frieden des Hauses hüten.

Scharf schnitt der Ostwind an diesem kurzen Wintertage, als Lena bei einbrechender Dunkelheit alle Türen der einsamen Mühle verriegelte. Sie dachte: „Die Männer werde ich vor morgen früh kaum mehr zurückerwarten können, sonst wären sie schon wieder zu Hause.“ Die Unruhe ihres Herzens lenkte sie ab, indem sie tapfer mit den gewohnten Abendwerken begann und sie ohne Unterbrechung, wenn auch hastiger als sonst, zu Ende führte.

Von ihrer Suppe genoss sie an diesem Abend nur wenige Löffel, und auch das Nähzeug wollte ihr kein rechtes Vergnügen bereiten. Als sie vom Stundenschlag der alten Uhr zur Nachtruhe gemahnt wurde, gewahrte sie erschrocken, dass ihr noch eine Kuh zu melken blieb, die tags zuvor gekalbt hatte. Mit dem Eimer trat sie aus der niedrigen Stube auf die Diele, ergriff die flackernd brennende Öllampe und wendete sich mit scharrendem Gang dem Stalle zu. Was da? Von draußen wurden Stimmen vernehmbar, und vorsichtige Handgriffe machten sich an der kleinen Hintertür zu schaffen. Sie löschte mit einem Griff in die Flamme das Licht. Gespannt hörte sie es bedeutsam weiterknarren und knistern und hätte vor Angst sterben mögen.

An der kleinen Klappe in der hinteren Wand des Kuhstalls hörte sie es deutlich flüstern: „Dat Maged is ollein in; Kopp doraff, dann sitt et us nich mäh in’n Weärge.“ Der Magd wich das Blut aus den Wangen. Wer konnte sie retten? In ihrer Not griff sie die AXt aus dem Hauklotz, sprang in den Stall und wartete seitwärts hinter der Klappe. Das Herz schlug ihr bis zum Halse hinauf, doch die Hände am Stiel zitterten nicht mehr.

Da brach die Tür auf; ein Bein stieg ein, ein Kopf beugte sich vor, und die Axt schlug in den Nacken des ersten Räubers. „Wu geht di dat?“ erscholl es von draußen. „Nütte gout“, antwortete die unerschrockene Magd. Der nächste folgte und noch weitere fünfmal schlug die Axt zu in dieser furchtbaren Nacht hier in der Mordmühle, die heute den Namen Martmühle trägt.

Nach Maßmann

Die Burg zu Holte und der Demanttisch

Der Graf von Holte war ein gefürchteter Wegelagerer, der auch öfters Einfälle in das Stift Osnabrück machte. Da verband sich der Bischof Philipp von Osnabrück mit dem Grafen Otto von Ravensburg, um dem Raubritter das Handwerk zu legen. Sie belagerten die Holter Burg, aber diese trotzte allen Angriffen: sie stand sicher auf hoher Bergesspitze. Dreifache Gräben umzogen sie: woran sich senkrechte Felsenwände und künstliche Mauern lehnten und eine unersteigliche Wehr bildeten.

Sieben Jahre hatte die Belagerung schon gedauert, und die Verbündeten ließen alle Hoffnung fahren, die Burg jemals einzunehmen. Da kam eines Tages eine Frau ins Lager und bot Butter zum Verkauf an. Sie forderte aber einen so hohen Preis, dass man sie ihr nicht abkaufte. Da sagte die Frau, sie wolle ihre Ware schon los werden, und ging nach der Burg zu. Dies fiel den Belagerern auf, man folgte ihr heimlich und sah sie durch eine versteckte Tür in einem Felsengang verschwinden, der zur Burg hinaufführte. Eiligst rotteten sich nun die Tapfersten zusammen und stiegen durch den verborgenen Gang in den inneren Burghof. Ehe sich der Graf versah, war er von Feinden umgeben. Er setzte sich zur Wehr, musste aber seinen Widerstand doch aufgeben.

Er raffte alle seine Schätze zusammen, warf sie in den tiefen Burgbrunnen und rief: „Dies für den Teufel!“ damit sie den Feinden nicht in die Hände fallen sollten. Es befand sich auch ein überaus kostbarer Tisch darunter, dessen Platte aus einem einzigen Demant bestand. Die Burg wurde zerstört und der Brunnen verschüttet.

Jahre schwanden dahin. Die Stelle, wo früher die Burg gestanden, lag jetzt öde und verlassen; aber die Sage von den verborgenen Schätzen pflanzte sich von Geschlecht zu Geschlecht fort, und mancher Versuch wurde gemacht, sie zu heben. Doch vergebens, der Teufel hütete vorsichtig das ihm geweihte Gut.

Da entdeckte eine weise Frau den Spruch, mit dem man den Bösen bannen und die Schätze heben konnte. Sie gewann mehrere Männer für ihren Plan und versprach ihnen einen großen Anteil an dem Schatze. Nach mancherlei Vorbereitungen begaben sie sich in einer dunklen Nacht auf den Burgplatz. Dort befahl die weise Frau den Männern auf das strengste, während der ganzen Zeit kein Wort zu reden, sonst würde das Unternehmen misslingen. An langen Seilen ließen sie nun eiserne Haken in den Brunnen hinab, Diese klammerten sich bald an einem Kasten fest. Langsam und vorsichtig zogen die Männer an, und höher und höher hob sich der Schatz. Zitternd und bebend vor Spannung und Aufregung stand jeder mit geschlossenem Munde da, kein Laut war vernehmbar. Schon berührte der Kasten die Brustwehr des Brunnens, schon streckten sich die Hände aus, um ihn zu fassen – da sprang plötzlich der Deckel des Kastens auf, und ein strahlender Glanz blendete den Umstehenden die Augen. Sie hatten wahrhaftig die Demantplatte des Tisches gesehen. Vor Staunen rief einer der Männer: „Jesus, Maria!“ In demselben Augenblick stürzte der Schatz mit Donnergepolter in die Tiefe zurück. Die weise Frau lag erschlagen am Boden, und mit ihr ging der geheimnisvolle Spruch für immer verloren.

Nach Wrasmann

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