Der Graf von Holte war ein gefürchteter Wegelagerer, der auch öfters Einfälle in das Stift Osnabrück machte. Da verband sich der Bischof Philipp von Osnabrück mit dem Grafen Otto von Ravensburg, um dem Raubritter das Handwerk zu legen. Sie belagerten die Holter Burg, aber diese trotzte allen Angriffen: sie stand sicher auf hoher Bergesspitze. Dreifache Gräben umzogen sie: woran sich senkrechte Felsenwände und künstliche Mauern lehnten und eine unersteigliche Wehr bildeten.

Sieben Jahre hatte die Belagerung schon gedauert, und die Verbündeten ließen alle Hoffnung fahren, die Burg jemals einzunehmen. Da kam eines Tages eine Frau ins Lager und bot Butter zum Verkauf an. Sie forderte aber einen so hohen Preis, dass man sie ihr nicht abkaufte. Da sagte die Frau, sie wolle ihre Ware schon los werden, und ging nach der Burg zu. Dies fiel den Belagerern auf, man folgte ihr heimlich und sah sie durch eine versteckte Tür in einem Felsengang verschwinden, der zur Burg hinaufführte. Eiligst rotteten sich nun die Tapfersten zusammen und stiegen durch den verborgenen Gang in den inneren Burghof. Ehe sich der Graf versah, war er von Feinden umgeben. Er setzte sich zur Wehr, musste aber seinen Widerstand doch aufgeben.

Er raffte alle seine Schätze zusammen, warf sie in den tiefen Burgbrunnen und rief: „Dies für den Teufel!“ damit sie den Feinden nicht in die Hände fallen sollten. Es befand sich auch ein überaus kostbarer Tisch darunter, dessen Platte aus einem einzigen Demant bestand. Die Burg wurde zerstört und der Brunnen verschüttet.

Jahre schwanden dahin. Die Stelle, wo früher die Burg gestanden, lag jetzt öde und verlassen; aber die Sage von den verborgenen Schätzen pflanzte sich von Geschlecht zu Geschlecht fort, und mancher Versuch wurde gemacht, sie zu heben. Doch vergebens, der Teufel hütete vorsichtig das ihm geweihte Gut.

Da entdeckte eine weise Frau den Spruch, mit dem man den Bösen bannen und die Schätze heben konnte. Sie gewann mehrere Männer für ihren Plan und versprach ihnen einen großen Anteil an dem Schatze. Nach mancherlei Vorbereitungen begaben sie sich in einer dunklen Nacht auf den Burgplatz. Dort befahl die weise Frau den Männern auf das strengste, während der ganzen Zeit kein Wort zu reden, sonst würde das Unternehmen misslingen. An langen Seilen ließen sie nun eiserne Haken in den Brunnen hinab, Diese klammerten sich bald an einem Kasten fest. Langsam und vorsichtig zogen die Männer an, und höher und höher hob sich der Schatz. Zitternd und bebend vor Spannung und Aufregung stand jeder mit geschlossenem Munde da, kein Laut war vernehmbar. Schon berührte der Kasten die Brustwehr des Brunnens, schon streckten sich die Hände aus, um ihn zu fassen – da sprang plötzlich der Deckel des Kastens auf, und ein strahlender Glanz blendete den Umstehenden die Augen. Sie hatten wahrhaftig die Demantplatte des Tisches gesehen. Vor Staunen rief einer der Männer: „Jesus, Maria!“ In demselben Augenblick stürzte der Schatz mit Donnergepolter in die Tiefe zurück. Die weise Frau lag erschlagen am Boden, und mit ihr ging der geheimnisvolle Spruch für immer verloren.

Nach Wrasmann