Da, wo die Warmenau sich bei Hoyel in einem anmutigen Tal über das Wehr der Martmühle ergießt, machten vor nunmehr 300 Jahren sieben Räuber ihre Rechnung ohne eine einfache Magd.

Die Zeitumstände brachten es mit sich, dass der Martmüller sich mit seinen Gesellen auf den Weg begab, um ein Fuder Korn nach auswärts zu verkaufen. Die Magd musste nun allein das Feuer und den Frieden des Hauses hüten.

Scharf schnitt der Ostwind an diesem kurzen Wintertage, als Lena bei einbrechender Dunkelheit alle Türen der einsamen Mühle verriegelte. Sie dachte: „Die Männer werde ich vor morgen früh kaum mehr zurückerwarten können, sonst wären sie schon wieder zu Hause.“ Die Unruhe ihres Herzens lenkte sie ab, indem sie tapfer mit den gewohnten Abendwerken begann und sie ohne Unterbrechung, wenn auch hastiger als sonst, zu Ende führte.

Von ihrer Suppe genoss sie an diesem Abend nur wenige Löffel, und auch das Nähzeug wollte ihr kein rechtes Vergnügen bereiten. Als sie vom Stundenschlag der alten Uhr zur Nachtruhe gemahnt wurde, gewahrte sie erschrocken, dass ihr noch eine Kuh zu melken blieb, die tags zuvor gekalbt hatte. Mit dem Eimer trat sie aus der niedrigen Stube auf die Diele, ergriff die flackernd brennende Öllampe und wendete sich mit scharrendem Gang dem Stalle zu. Was da? Von draußen wurden Stimmen vernehmbar, und vorsichtige Handgriffe machten sich an der kleinen Hintertür zu schaffen. Sie löschte mit einem Griff in die Flamme das Licht. Gespannt hörte sie es bedeutsam weiterknarren und knistern und hätte vor Angst sterben mögen.

An der kleinen Klappe in der hinteren Wand des Kuhstalls hörte sie es deutlich flüstern: „Dat Maged is ollein in; Kopp doraff, dann sitt et us nich mäh in’n Weärge.“ Der Magd wich das Blut aus den Wangen. Wer konnte sie retten? In ihrer Not griff sie die AXt aus dem Hauklotz, sprang in den Stall und wartete seitwärts hinter der Klappe. Das Herz schlug ihr bis zum Halse hinauf, doch die Hände am Stiel zitterten nicht mehr.

Da brach die Tür auf; ein Bein stieg ein, ein Kopf beugte sich vor, und die Axt schlug in den Nacken des ersten Räubers. „Wu geht di dat?“ erscholl es von draußen. „Nütte gout“, antwortete die unerschrockene Magd. Der nächste folgte und noch weitere fünfmal schlug die Axt zu in dieser furchtbaren Nacht hier in der Mordmühle, die heute den Namen Martmühle trägt.

Nach Maßmann